K A R F R E I T A G    2013

"Das stille Geschrei"

Es war nachts, als sie kamen. Die Politik wollte keinen Aufruhr
und die Sache in aller Stille erledigen. Ein Freund hatte sie verraten.
Der Haftbefehl lautete auf Fluchtgefahr, weil ER keinen festen Wohnsitz hatte.

Gesetze seien für den Menschen gemacht und nicht umgekehrt, soll Jesus gesagt haben.
Liebe sei stärker als Beton, sogar stärker als der Tod.

Dass die freie Marktwirtschaft gar nicht so frei sei. Man müsse ihr klare Grenzen setzen,
wo sie nicht der Gerechtigkeit diene, sondern nur wenigen Gewinnern. So ähnlich muss er das gesagt haben.

Ja, und dass Gott auf der Seite der einfachen Leute stünde: Bei den Verlierern und den Ohnmächtigen.
Den einfachen Leuten gefielen die einfachen Worte. Die Mächtigen aber waren irritiert.
Sie suchten nach einem Vorwand, ihn fertig zu machen. Als der Handwerker aus der Provinz die Tische der Bänker umtrat, war es so weit.

Man machte kurzen Prozess. Angeklagt wurde er wegen Bildung einer kriminellen bzw. terroristischen Vereinigung,
Volksverhetzung, Hochverrat und so weiter.

Die Höchststrafe war angesagt. Aus „General präventiven Gründen“, sagt man heute. Zur Abschreckung.
Die Macht definiert, wer dazu gehört, und wer kriminell ist. Da halten dann oft Politik und Religion, Justiz
und Medien zusammen. Alles ganz legal natürlich. So wurde Jesus illegal, kriminell. Rechtskräftig verurteilt.

Manche hängen sich ein Kreuz um den Hals. Andere werden aufs Kreuz gelegt.

Abu Ghraib und Guantanamo haben eine lange Geschichte. Menschen die Würde zu nehmen, sie zu zerstören,
zu schlagen und zu foltern dient allein der Macht, nie der Wahrheit. Schon gar nicht der Gerechtigkeit.

 Am Ende - sein Schrei:  „Mein Gott, warum ... ?“

In aller Stille sollte die Angelegenheit erledigt werden. Aber bis heute kann man dieses „Stille Geschrei“  hören.

In den Betongräbern der Gefängnisse und Psychiatrien, in Krankenzimmern, in der Wohnung nebenan.
Manchmal sieht man ihn, den Schrei, in den Augen von Kindern oder Flüchtlingen. Man hört ihn dort, wo jemand ganz stumm wird.
Manchmal kriecht er in einem selbst hoch  -  für eine Zigarettenlänge, oder wenn man nicht einschlafen kann.

 „Warum? Gott? Warum?“

Gedanke zu Karfreitag von Pfarrer Ekkehard Remmel

 

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