Allerheiligen 2012

Im 13.Jh. lebte die hl. Klara in Assisi. In ihrem Testament

an ihre Ordensschwestern schrieb sie:

 


Die Schwestern sollen denen, die in der Welt leben,

Spiegel
und  Beispiel sein.

Was sehe ich, wenn ich in den Spiegel schaue? Ich sehe mich selbst: meinen Körper, meine Kleidung, mein Gesicht, meine Frisur. Nun sagt die hl. Klara ihren Schwestern, sie sollen wie Spiegel sein. Kann ein Mensch für mich ein Spiegel sein?

 

Ich erinnere mich, dass mir einmal jemand gesagt hat: „Du hast sehr viel von deiner Mutter!“ Das hat mich gefreut, weil ich meine Mutter sehr geschätzt habe. Manchmal ist es auch unangenehm: „Du keifst genauso herum wie ...!“  Andere können für mich wie ein Spiegel sein, in dem ich erkenne, wer ich bin, in dem ich manchmal bestimmte Eigenschaften von mir vergrößert und ganz klar sehe.

Wenn Menschen für mich wie ein Spiegel sind, dann kann ich an ihnen auch Seiten von mir sehen, die ich normalerweise nicht sehe. Im Spiegel an der Wand kann ich vielleicht sehen, dass ich meiner Mutter ähnle. Aber Charaktereigenschaften, die ich von ihr geerbt habe, sehe ich nur in einem lebendigen Spiegel: Wenn ich mich an sie erinnere, sehe ich ein Stück von mir.

Heute feiern wir das Fest Allerheiligen. Wir denken an die Tausende und Abertausende von Menschen, die als Glaubende gelebt haben, die etwas von Gott in dieser Welt sichtbar gemacht haben, deren Leben aus dem Glauben gelungen ist. Ob sie für uns ein Spiegel sein können? Ob wir in ihnen etwas von uns sehen können, was wir normalerweise nicht sehen? Ich glaube ja. Ich will es an einigen Beispielen deutlich machen:

Klara von Assisi: Als eines ihrer letzten Worte wird der Satz überliefert: „Herr, sei gelobt, weil du mich geschaffen hast.“ Die hl. Klara hat aus dem festen Vertrauen gelebt, dass Gott sie geschaffen hat, dass Gott ihr Leben begleitet, dass ihr Leben nach dem Tod bei Gott zum Ziel kommt. Das war ein Stück von ihr. Dieses Vertrauen kann ich an ihrem Leben ablesen. Wenn wir in ihren Spiegel schauen, entdecken wir, dass dies auch ein Teil von uns ist. Wir kommen aus Gott, er begleitet uns, unser Leben wird in ihm münden.

 

Vinzenz von Paul: Er ist ein großer Heiliger der Nächstenliebe. Die Liebe zu den Menschen hat ihn bewegt, sich für die Menschen einzusetzen. So viel Liebe steckte in ihm. Sehen wir im Spiegel, dass wir zur Liebe fähig sind? Nein. Der Glasspiegel verrät es nicht. Stellen wir uns vor den hl. Vinzenz. In diesem Spiegel erkennen wir die gleiche Gabe auch bei uns.

Papst Johannes XXIII: Er war als Papst ganz offen für das Wirken des Heiligen Geistes. Das hat ihm Mut gemacht, das II. Vatikanische Konzil einzuberufen. Das hat die Kirche erneuert. Stellen wir uns vor den Spiegel. Erkennen wir, dass es ein Teil von uns ist, dass wir ein Instrument des Hl. Geistes sind, das etwas zum Guten verändern kann in der Welt? Stellen wir uns vor Johannes XXIII. Und wir erkennen in seinem Spiegel diese Gabe auch bei uns.

Das Fest Allerheiligen bietet uns ungezählte Spiegel an, in die wir hineinschauen können, in denen wir Seiten von uns sehen können, die wir normalerweise nicht sehen. Es ist ein Fest, das uns auf diese Art die Chance bietet, dass wir wachsen und uns entfalten können.

 

Liebe Schwestern und Brüder,

ich danke Gott für diese vielen Spiegel, in denen ich sehen kann, wer ich wirklich bin.

   

 

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